aus: Alfred Hochedlinger: Pfarrkirche zum hl. Nikolaus in Mauthausen,
Christliche Kunststätten Österreichs, Nr. 394, Salzburg 2003.

aus dem Stich von G. M. Vischer

Vorgängerbauten

Das Patrozinium St. Nikolaus rührt in Mauthausen von Schifffahrt und Han­dels­wesen her (Patron der Schiffer, Reisenden, Kaufleute) und weist auf einen alten Ursprung des Gotteshauses hin. Genaue Erkenntnisse über die Vorläufer der heutigen spätgotischen Kirche fehlen zwar, bei Grabungen 1982 fand man aber Fundamente eines Turmes (römischer Wehrturm?) sowie eines hochromanischen Kirchenbaues aus der Zeit um 1200, ferner Fragmente einer frühgotischen Apsis.

 

Tympanon beim Haupteingang

 

Egkenfeldersches Weihwasserbecken

Die spätgotische Kirche

Vermutlich erfolgte nach den Zerstörungen durch die Hussiten (1424) um die Mitte des 15. Jahrhunderts – unter der Regierung Friedrichs III. (1440–1493, seit 1452 Kaiser) – der Wiederaufbau bzw. weitgehende Neubau im spätgotischen Stil; die Kirche hatte damals einen Zwi­ckel­turm. 1522 wurde die sog. Anna­kapelle (auch Egkenfelder-Kapelle) im Südosten angebaut, auch der südliche Portalvorbau stammt aus dieser Zeit. Hans Egkenfelder († 1532), dessen Hausmarke sich auf zwei Schlusssteinen sowie auf seinem Grabstein findet, war ein großer Gönner der Kirche. An den Pfeilern der Westempore haben sich drei Steinmetzzeichen erhalten, die 1982 freigelegt wurden. Ein Zeichen gleicher Figuration wird dem Steinmetzen Frosnitzer (Admonter Hüttenbuch, ca. 1500) zugeschrieben.

 

Barocker Turm bis 1901

 

Martin Johann Schmidt:
Das letzte Abendmahl

Veränderungen in der Barockzeit

Der gotische Zwickelturm wurde 1689 erhöht: er bekam das heutige Glockenhaus und einen barocken Helm. Anlass für diesen Umbau war die Schenkung der 20 Zentner schweren „Türkenglocke“ durch den gebürtigen Mauthausener und Kriegskommissär Christoph Vorster, der an fünf Feldzügen unter Prinz Eugen teilgenommen hat.

Die schon im 17. Jahrhundert begonnene Barockisierung (u. a. Altar 1671, die erste Orgel, 1710 von Franz Frosch aus Landau in Niederbayern) erstreckte sich über das gesamte 18. Jahrhundert, wobei die Anschaffung der Altarblätter des berühmten Malers Martin Johann Schmidt („Kremser Schmidt“) in den Jahren 1796/97 sicher deren Höhepunkt darstellt.

 

Neugotischer Spitzhelm,
fertiggestellt 1901

19. und 20. Jahrhundert

Ins 19. Jahrhundert fallen die später wieder entfernten Zusatzemporen und die Anbringung der Kreuzwegtafeln sowie umfangreiche Renovierungsarbeiten. 1897 erhielt die Kirche ihre zweite Orgel (Joseph Mauracher, St. Florian, 12 Register I/II/Ped).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der Turm neu gestaltet, wobei man sich für den jetzigen neugotischen Spitzhelm (erbaut 1901) entschied. 1950 wurde das Kircheninnere und 1953 der Turm renoviert. Die ehemalige Annakapelle (sie wurde während der Josephinischen Reformen aufgehoben) richtete man 1977 unter Wiederherstellung des ursprünglichen Bauzustandes als Sakristei ein. Im Zuge der Außen- und Innenrenovierung der Kirche 1980–1983 kamen die Fragmente der Vorgängerbauten, die vermauerten gotischen Maßwerkfenster, frühbarocke Malereien an den Säulen sowie ein Fresko (um 1590) an der Außenseite der Annakapelle zum Vorschein.

 

Rieger-Orgel, 2000 geweiht

Jüngste Umgestaltungen

Um einen behindertengerechten Zugang zur Kirche zu schaffen, wurde der Nordeingang um eine Jochlänge nach Westen versetzt. Eine Mauernische innen und der Rest eines gotischen Kielbogens außen kennzeichnen den alten Eingang.

Die alte Mauracher-Orgel von 1897 (in der Marienkirche in Druskininkai/Litauen wieder aufgebaut) wich im Jahr 2000 dem Neubau der modernen Rieger-Orgel. Auch die Orgelempore wurde neu gestaltet.

2001 erfolgte eine Veränderung zu Gunsten der Liturgie: Zur Verbesserung der Sichtverhältnisse wurden die Bänke in zwei statt ursprünglich drei Blöcken aufgestellt, die Stufen des Presbyteriums wurden in das Hauptschiff herein gezogen. Ein neuer Altar und Ambo kennzeichnen die Mitte der Gottesdienstfeier. Eine „Licht-Stiege“ bietet eine Gedankenbrücke zu den unfassbaren Geschehnissen während der Zeit des Nationalsozialismus im Gemeindegebiet von Mauthausen an.