Friedhofandacht am 1. November 2023

Lesung aus dem ersten Brief des Apostels Petrus
Der Wahrheit gehorsam, habt ihr euer Herz rein gemacht für eine aufrichtige geschwisterliche Liebe; darum hört nicht auf, einander von Herzen zu lieben.
Ihr seid neu gezeugt worden, nicht aus vergänglichem, sondern aus unvergänglichem Samen: durch Gottes Wort, das lebt und das bleibt.
Denn: Alles Sterbliche ist wie Gras und all seine Schönheit ist wie die Blume im Gras. Das Gras verdorrt und die Blume verwelkt; doch das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit.
Dies aber ist das Wort, das euch als frohe Botschaft verkündet worden ist.
Wort des lebendigen Gottes (1 Petr 1,22-25a)

Gedanken von Mag. Michael Kammerhuber:

Schwestern und Brüder im Herrn!
Ihr seid neu geboren worden: als ihr getauft und in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen wurdet.
Ihr seid neu geboren worden: jedes Mal, wenn ihr euch in der Kommunion von Jesus Christus als Brot stärken lasst.
Ihr seid neu geboren worden: als euch in der Firmung der Heilige Geist erfüllt und entflammt hat.
Ihr seid neu geboren worden: als ihr euch bei eurer Hochzeit ewige Liebe und Treue zugesprochen habt.
Ihr seid neu geboren worden: in euren Kindern, die aus eurer Liebe geboren euch so viel Liebe und Freude zurückgeben.
Ihr seid neu geboren: jedes Mal, wenn ihr euch wie neu geboren fühlt, weil etwas Wunderbares, Großes, Verbindendes euch durchströmt und euer Herz schneller und freudiger schlagen lässt.
Ihr seid neu geboren, nicht aus vergänglichem Samen, sondern aus unvergänglichem, wie Petrus schreibt. Was von uns bleibt, ist nicht das, was verdorrt und verwelkt, was alt wird und verwest, was sein Wesen verliert und unwesentlich wird.
Was von uns bleibt, ist, was uns ausgemacht hat und nicht, was übriggeblieben ist, was andere bewegt und berührt hat, und nicht, was leblos und schwer in die Erde gesenkt oder dem Feuer übergeben wird.
Was bleibt, ist das Wesen, das Wesentliche, der Mensch, der geliebt und gearbeitet, gelernt und gestaunt hat, der gestritten hat und der gelacht hat, der geweint hat, geschwitzt und gelitten hat, der gesungen und getanzt hat, und der Taten gesetzt hat, der etwas aufgebaut hat, und seine Worte, die andere zum Nachdenken, zum Antworten, zum Handeln und zum Bessermachen gebracht haben und bringen.
Es gibt kaum ein Totenbild, das einen alten, gebrechlichen, sterbenden Menschen zeigt, sondern meist froh lächelnde oder ernsthafte, stolze oder scheue Blicke werfende, Kraft und Leben ausstrahlende Menschen. Denn das sind sie, Menschen, die leben, in Gottes Wort und Liebe geborgen.
Nicht ihre Knochen oder ihre Asche ist, was bleibt, sondern ihr Leben, ihre Kraft und Schönheit, ihre Freude und ihr Lachen. Der Tod nimmt uns eigentlich nur, was uns zuletzt hindert, ganz in Freude und Liebe aufzugehen, unsere ganze Lebenskraft neu zu entfalten und zu werden, wer wir sind. Das Samenkorn zerbricht, um die Pflanze gegen den Himmel wachsen zu lassen.
Nach dem Weinen und Trauern kommt die Zeit, die uns voll Stolz und Freude zurückblicken lässt, auf ein Leben, das so viel gegeben hat, wo die zerdrückten Tränen auch immer wieder die Liebe gießen, die da ist, wo ein Lachen über eine Situation oder eine Geschichte, ein Erlebnis oder ein Wort uns warm werden lässt ums Herz, wo uns klar wird: Du bist bei mir, weil ich dich liebe, wir sind beisammen, weil Gott uns liebt. Amen.